Buch II, Dritter Teil, Kapitel 12

Einrichten an der Front

Nikolaj Rostow hat ein kleines Problem: Natascha ist krank und hat mit Fürst Andrej gebrochen, was Nikolajs Eltern ihm schriftlich mitteilen und ihn bitten, deshalb schleunigst nach Hause zu kommen.

Leider ist Krieg, und unser Boy denkt gar nicht daran, sich beurlauben zu lassen, weder wegen Natascha, noch wegen der angebeteten Freundin seiner Seele Sonja, die er jedoch unmittelbar nach dem Krieg zu ehelichen gedenkt. Frau, Kinder, eine brave Meute Hetzhunde, zehn bis zwölf Koppeln flinker Windhunde, die Gutswirtschaft, die Nachbarn, Ehrenämter nach Wahl … man relatiert.

Als Alternative kann sich Nikolaj aber auch im Leben an der Front ganz ordentlich einrichten. Vor dem Krieg war er im Urlaub, ist in Abwesenheit befördert worden und genießt hohes Ansehen bei den Soldaten. Es wird vergnügt berichtet, dass der Truppe eigentlich auch völlig egal ist, ob sich der Frontverlauf gerade nach vorne, nach hinten, oder überhaupt nicht verändert. Ist halt Krieg, kann man mal machen, i guess. In Wilna wird hauptsächlich gewartet, bis der Befehl zum Rückzug nach Swenziany kommt, und hier läuft alles wie am Schnürchen. Der polnischen Bevölkerung werden neben der standardmäßigen Armeeverpflegung kurzerhand auch Pferde, Equipagen und Teppiche abgezogen, und Nikolajs Männer mogeln noch fünf Fässer altes Bier dazu, so dass er mit seiner Eskadron nicht mehr fertig wird, “weil sie alle betrunken waren”. Bisher klingt dieses Kriegsding eigentlich wirklich ganz dank.

Nach diversen weiteren Rückzügen ohne jegliche Kampfhandlung kommen sie am 13. Juli 1812 erstmals richtig ins Gefecht, was sich für Nikolaj in erster Linie darin äußert, dass er in einem Unterstand Pfeife raucht und sich mit seinem Protegé, dem sechzehnjährigen Offizier Iljin, unterhält. Jedenfalls so lange, bis ein anderer Offizier mit wirklich strammem Schnurrbart, dessen zuständiger Shrodo beim Einwohnermeldeamt offenbar gerne mit dem Kopf auf die Tastatur haut (Name: Zdrzinski), reinkommt und von einer glorreichen Heldentat an der Front berichtet. Das alles interessiert Nikolaj eigentlich eher so gar nicht - viel wichtiger: Iljin hat auf einem kurzen Scouting eine Kneipe aufgetan, in der neben ihren Soldaten auch die heiße junge Frau des Regimentsarztes abhängt, die anzugraben so etwas wie Volkssport unter den Offizieren ist. Also nix wie hin, um sich “wenigstens trocknen” zu können. Ist klar. Ich stelle auf jeden Fall keine Fragen mehr, was die vermehrten Rückzüge dieser ‘Armee’ angeht.