Buch III, Dritter Teil, Kapitel 7

Votre amie Hélène

Helene scheint gelangweilt vom Leben. Alle intimsten Geheimnisse hat sie bereits mit fast ganz Petersburg geteilt und so ziemt es sich nach Abwechslung. Eine Heirat würde für ausreichend Wirbel sorgen und über die Mauern der Stadt hinausgehen. Dumm nur, dass sie bereits verheiratet ist.

Während ihr jetziger Mann heldenhaft und heroisch sein Leben auf dem Schlachtfeld bei Borodino riskiert, läuft ihr Plan an, den alten Grafen zu ehelichen. Diesem, welcher im ersten Moment ihres Zusammentreffens auch perplex scheint und einen Ehebruch skeptisch gegenübersteht, stellt sie es so dar, dass es genauso simpel ist, wie wenn sie nicht verheiratet und 30 Jahre jünger wäre. Logisch.

Ihr sicheres und geradezu schamloses Auftreten zeugen von ihrer wirklichen Ernsthaftigkeit in dieser Sache. Sie sieht sich über allem und die Narrative, dass sie unglücklich ist, und sich eigentlich jetzt zwei Männer für Sie entscheiden müssten, verfestigt sich. Wer die Aktion infragestellt, würde sich nur als Idiot bloßstellen und hätte keinen Platz in dieser “großen Welt”.

Dennoch gibt es Reaktionen auf den bevorstehenden Ehebruch: Eine komische, aber gesellschaftlich hochangesehene, Alte, welche maximal neidisch ist, wirft ihr vor nichts neues zu Erfinden. Ihr eigener Vater stellt keine Fragen, sondern will einfach nur das beste für seine Tochter und fügt sich ihrer Geschichte. Ein Gay-Freund von ihr, zeigt ihr nochmal die Optionen auf und welche möglichen Konsequenzen beide Szenarien hätte. Also wenn Sie den alten Grafen heiraten würde oder den Prinzen, mit welchen Sie ja bereits verheiratet ist (lol). Er ist auch der einzige der Sie fragt, was ihr Mann denn von ihrer Idee hält, aber auch hier kommt von Helene ein selbstsicheres “Er wird alles für mich tun.”

Also alles wie kalkuliert.

Zu guter Letzt ist dann ihre Mutter an der Reihe, die einen ganz dicken Gesetzestext auspackt und ihr versucht daraus zu zitieren. Aber wie bereits gesagt, steht Helene über allem, also auch der Bibel und den Sorgen ihrer Mutter.

Nachdem Maman zur Tür hinaus ist, zieht ihr eigenes Leben nochmal an ihr vorbei und sie spürt, dass sie in ihrer jugendlichen Blüte vielleicht auch so wie ihre Töchter hätte handeln sollen. “Es wäre doch so einfach gewesen.”

Um die Sache nun zum Ende zu bringen, verfasst Helene einen Brief an ihren noch-Mann und bittet um eine Scheidung. “Votre amie Hélène.”